Preisträger*innen 2024
Jayant Digambar Somalkar
mit
‚STHAL – A MATCH‘
Begründung der Jury
Der Film ‚Sthal’ nimmt uns mit in die Welt der jungen Savita. Während sie kurz vor dem Abschluss ihres Studiums steht, versucht ihr Vater verzweifelt, einen Ehemann für sie zu finden. Schließlich bringt die weit verbreitete Praxis der arrangierten Ehen die arme Bauernfamilie an den Rand einer Katastrophe.
Mit scheinbarer Leichtigkeit vermittelt der Film die Problematik der arrangierten Ehen im heutigen Indien und formt eine Geschichte, die den Zuschauer sowohl zum Lachen als auch zum Weinen bringt. Er berührt uns tief. Die atemberaubende Leistung der Laiendarsteller gepaart mit der dokumentarisch anmutenden Inszenierung geben uns einen authentischen Einblick in das Leben in der indischen Provinz.
‚Sthal‘ ist das Ergebnis einer glücklichen Konstellation aus einer außergewöhnlichen Besetzung und einem Erzähler, der sein Thema und die Welt seiner Geschichte zweifelsohne kennt. Wir wünschen Jayant Digambar Somalkar, seiner Crew, seinen Darstellern und seinen Unterstützern das Allerbeste für die Zukunft. Mögen aufregende neue Filme ihren Weg auf die große Leinwand finden.
Tamjeed Elahi Khan
mit ‚CHAAWAL‘
Begründung der Jury:
Der Film, den wir auszeichnen möchten, trägt den unscheinbaren Namen eines
Grundnahrungsmittels vieler Länder dieser Erde: Chaawal – Reis. Er erzählt die Reise des Reiskorns, vom Feld der Bauern bis zu den prunkvollen Festen Indiens. Filmemacher Tamjeed Elahi Khan erforscht die Tradition des Reiswerfens auf Hochzeiten und zeichnet dabei ein vielschichtiges Bild des Lebens in Indien.
Mit dem Reis als Metapher und rotem Faden des Films beleuchtet er verschiedene Perspektiven in einer
Gesellschaft, in der
Überfluss und Hunger, Luxus und Armut, Tradition und Moderne parallel existieren. Dabei rückt der Film ein alltägliches
Lebensmittel aus der Sicht unterschiedlicher Protagonist*innen auf die Bühne aktueller globaler Probleme und findet dafür faszinierende und poetische Bilder.
Dr. Swanand Santram Wagh
mit ‚KAV KAV‘
Jurybegründung:
Durch seine eindringliche Erzählung und
beeindruckende Visualisierung zieht der Film sein Publikum direkt in den Bann. Dabei wird geschickt die fantasievolle Perspektive eines Kindes genutzt, um durch dessen Unschuld humorvoll veraltete Denkweisen zu entlarven sowie
traditionelle Ansichten zu entmystifizieren. Den Filmschaffenden ist durch die tiefe Symbolik und
subtile Art ein überzeugendes emanzipatorisches Werk gelungen, das sich sensibel dem Thema Menstruation widmet. Gleichzeitig bietet der Film einen einzigartigen Einblick in die indische Kultur, der dazu anregt, um über unsere eigenen gesellschaftlichen Normen und Tabus nachzudenken. ‚Kav Kav‘ ist somit ein kraftvolles Plädoyer für Aufklärung und Empathie und verdient daher höchste Anerkennung.
NOBIN DUTTA
mit ‚RED LABEL‘
Die digitale Welt, ins analoge Zeitalter gebracht. Follower sind Freunde und Likes ein Lächeln. Eine wundervolle Idee, gepaart mit einer liebevollen und authentischen Umsetzung, die einen Einblick in das Land und die Traditionen gewährt. Superschöne Bilder, gepaart mit einem mutigen, fast dokumentarischen Street-Casting und einem perfekt dazu passenden Art-Department ist dieser Film das Gegenteil eines langweiligen und perfekt inszenierten, glatten Werbefilms. Die Jury konnte sich sofort und einstimmig auf diesen Film einigen. Wir gratulieren!
RAJNI BASUMATARY
mit ‚GORAI PHAKHRI – WILD SWANS‘
Als eine junge Frau für ihr Gender-Studium aufs Land reist, betritt sie eine Welt der Frauen. Eine Welt, die sehr stark von Männern geprägt ist. Wir spüren ihre Präsenz und ihren Einfluss auf die Frauen, ohne sie jemals auf der Leinwand zu sehen. ‚GORAI PHAKHRI – WILD SWANS‘ zeigt auf subtile und authentische Weise, wie Frauen aus allen Schichten – Hausfrauen vom Land ebenso wie hoch gebildete Frauen aus der Stadt – unter der Geschlechterstruktur leiden. Gleichzeitig nimmt uns der Film mit auf eine heilende Reise, die die Stärke des Zusammenhalts zeigt. Mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfen die Frauen für Unabhängigkeit, Würde und gegen häusliche Gewalt. Ihre tragischen Geschichten berühren uns zutiefst. Umso mehr freuen wir uns über jeden Akt des Widerstands, über jede Grenze, die gezogen wird. Mit einer starken Besetzung, Authentizität und einer sensiblen Stimme will ‚GORAI PHAKHRI – WILD SWANS‘ vereinen.
PIYUSH THAKUR
with ‘THE STORYTELLER’
Preisträger*innen 2023
Padmakumar Narasimhamurthy
mit ‘MAX, MIN & MEOWZAKI’
Begründung der Jury
“Wir möchten dieses Jahr mit einer unausgesprochenen Erwartungshaltung an einen indischen Festivalfilm brechen, indem wir einen Film prämieren, der uns nicht leidvoll die oft unlösbar erscheinenden Probleme des Landes vermittelt, sondern einen optimistischen Blick auf das urbane Indien wirft. Ein Film, der mit großer Leichtigkeit eine beeindruckende Bandbreite an wichtigen gesellschaftlichen Themen der modernen indischen Mittelschicht erzählt.
In ‚MAX, MIN & MEOWZAKI‘ von Padmakumar Narasimhamurthy erleben wir starke Frauen, die nicht mehr dem traditionellen indischen Frauenbild entsprechen, sondern ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben führen. Frauen, die sich aus unerfüllten Beziehungen lösen und ihre Sexualität frei ausleben. Aber auch Männer, die ihre tradierten Rollen überwinden, was z.B. die Berufswahl oder die Religion der Partnerin anbelangt. Durch liebevoll gestaltete Sets, emotionale Filmmusik, aufwendige Montage-Sequenzen und das mitreißende Schauspiel entfaltet sich eine atmosphärische Dichte, die uns von Anfang bis Ende trägt und gleichzeitig auf der gesamten Klaviatur der Emotionen spielt.
‚MAX, MIN & MEOWZAKI‘ ist in unseren Augen ein sehr gelungenes Beispiel für einen Film, der die Probleme der modernen indischen Gesellschaft mit Klugheit, Humor und viel Optimismus erzählt.”
Nisha Pahuja
mit ‘TO KILL A TIGER’
Begründung der Jury
“Nisha Pahuja ist mit ‚TO KILL A TIGER‘ ein filmisches Meisterwerk gelungen. Hoch sensibel und unerbittlich klar erzählt Pahuja die Geschichte einer 13-jährigen Überlebenden einer Gruppenvergewaltigung – und denKampf ihres Vaters um Gerechtigkeit.
Eindrücklich wird gezeigt, was es bedeutet, in einer tradierten Dorfgemeinschaft für die Rechte von Mädchen und Frauen einzustehen und welch immenser Druck ausgeübt wird, um die Täter zu schützen.
Die mutige Entscheidung der Tochter und die Beharrlichkeit ihres Vaters fängt die emphatische Kamera großartig ein und wird von der herausragenden Montage in eine meisterhafte Dramaturgie gepackt.
Ein wichtiger Film, den die Jury vor allem wegen der fantastischen filmischen Arbeit aller Gewerke auszeichnet.”
Reema Maya
mit ‘NOCTURNAL BURGER‘’
Jurybegründung:
“Von der ersten Einstellung und dem Dialog aus dem Off an schafft es ‚NOCTURNAL BURGER‘, dass wir eine tiefe Verbindung zu dem jungen Mädchen im Mittelpunkt der Geschichte aufbauen, das über die Rolle des Opfers hinausgeht. Subtile und faszinierende Details über jeden der gut durchdachten Charaktere bieten mehrere Bedeutungsebenen und sorgen dafür, dass sie auch nach dem Ende des Films im Gedächtnis des Zuschauers bleiben. Die brillante Kameraführung und die hervorragenden Darsteller verstärken die Atmosphäre von Depression und Angst, insbesondere durch die Figur des Polizeibeamten. Die Rückblenden der Zeugin schildern auf subtile Weise ähnliche Vergewaltigungserfahrungen, was die Intensität des Films noch steigert.
Der Mut des Films liegt in seinem Vertrauen auf die Fähigkeit des Publikums, zu denken und eigene Schlüsse zu ziehen. Er erforscht nuancierte Themen mit einem unprätentiösen Stil, der furchtlos Situationskomik einbezieht. Wir loben den Regisseur auch dafür, dass er Form und Inhalt geschickt ausbalanciert und die Geschichte des Missbrauchs auf eine Art und Weise präsentiert, die das Publikum dazu einlädt, sich mit diesem zeitlosen Thema auf eine frische und nachhallende Weise auseinanderzusetzen.
“
BAUDDHAYAN MUKHERJI
mit ‘MENTAL HEALTH’
“Das Spiel im Spiel fasziniert überraschend mit ebensolcher, neuer Wendung. Der Protagonist, ein glaubwürdig Betroffener, entwickelt virtuos in Spielszenen ein Lehrstück für seine Schauspiel-Schüler. Der Ausgang ist unklar. Erst am Schluss der sich steigernden Spielfreude in der Schauspielklasse und in den Erzählungen der szenischen Schauspielübungen wird klar: Es geht um Depressionen und der Verschleierungstaktik zum Schutz vor der Gesellschaft.
Dem Betrachter wird eindringlich gezeigt, auf sich und seine Mitmenschen zu achten, um erste Anzeichen zu erkennen und Hilfe geben zu können – vor allem auf sich selbst bezogen.
Die sehr gute Besetzung und das ausgezeichnete Drehbuch veranschaulichen bleibend das besonders ernstzunehmende Thema.”
Nithin Lukose
VICTOR MUKHERJEE
mit ‘LAKADBAGGHA – HYENA’
“Jedes Lebewesen verdient es, geschützt und mit Respekt behandelt zu werden. Wir vergessen oft, dass Tiere Gefühle haben und Schmerz, Freude, Traurigkeit und Glück genauso empfinden wie wir. Dessen sollten wir uns immer bewusst sein.
Dieses Thema in einem Film mit großartiger Kampfkunst und einer spannenden Geschichte zu verbinden, ist nicht nur gelungen, sondern verdient unserer Meinung nach auch den diesjährigen Director’s Vision Award.
Herzlichen Glückwunsch an Regisseur Victor Mukherjee und Produzent Anshuman Jha. Wir freuen uns auf weitere Filme wie diesen.”
ANANTH NARAYAN MAHADEVAN
with ‘THE STORYTELLER’
Preisträger*innen 2022
Sandeep Kumar
mit ‘Mehrunisa’
Begründung der Jury
“Zerrissen zwischen traditionellen Werten und der modernen Gesellschaft, kämpfen drei Generationen von Frauen um ihre Unabhängigkeit. Nach dem Tod des alten Patriarchen verbrennt seine Witwe Mehrunisa öffentlich ihr Bett – ein so unerhörtes Ereignis und ein so kraftvolles Bild, dass es noch lange nach dem Ende des Films nachwirkt.
Dies ist der Ausgangspunkt für eine wunderschöne Großmutter-Enkelin-Geschichte, die Hierarchien in Frage stellt, Selbstbestimmung feiert und Hoffnung über die Kinoleinwand hinaus weckt. Indem sie die revisionistische Handlung eines historischen Filmdrehbuchs anprangern, nehmen Mehrunisa und Aliya die Filmindustrie aufs Korn und wenden das Blatt schließlich zugunsten einer historisch korrekten und geschlechtergerechten Erzählung.
Die Besetzung, das Schauspiel und die Inszenierung sind erhaben, aber bescheiden und nah an den Figuren, ohne zu werten. ‘Mehrunisa’ spricht persönliche und gesellschaftliche Konflikte offen an, die so tief sind wie die liebenswerten Falten seiner Protagonistin, und umarmt sie von ganzem Herzen mit Pragmatismus und schwarz getöntem Humor.”
Amrita Bagchi
mit ‘Succulent’
Jurybegründung:
„Der Kurzfilm Succulent konfrontiert uns mit universellen Fragen nach dem Kern unseres Menschseins: Was macht uns als Individuen aus? Sind wir ersetzbar? Können Nähe und Zuneigung konstruiert und wie eine Dienstleistung eingekauft werden? Dabei zeigt der Film eine Gesellschaft der sozialen Distanz – und lässt sowohl an die Ausprägungen eines pervertierten Hyper-Kapitalismus als auch die Folgen der Corona-Pandemie denken. In dieser oft brutalen Welt von Verlorenheit und Vereinsamung beobachtet Succulent aber auch tröstliche Momente gegenseitiger Zuneigung und gleichzeitig deren Zerbrechlichkeit – etwa in der Beziehung der Hauptfigur zu ihrer betagten Kundin, deren Enkeltochter sie verkörpert. Auch handwerklich überzeugt Succulent mit einer klaren Ästhetik und einer konsequenten Bildsprache. Spektakuläre Drehorte treffen auf prägnante Dialoge, intensives Spiel der Darsteller:innen und einen atmosphärisch dichten Soundteppich. Dabei ist der Film klug genug, vieles in Andeutungen zu belassen und die Geschichten seiner Figuren nicht auszuerzählen. Succulent skizziert einen dystopischen Gesellschaftsentwurf, eine Mischung aus Science Fiction-Vision und Sozialstudie. Ein ebenso soghaft-faszinierender wie beunruhigender Film.”
Rintu Thomas und Sushmit Ghosh
Nithin Lukose
Mehak Jamal
mit ‘Bad Egg’
Preisträger*innen 2021
Jeo Baby
mit ‘The Great Indian Kitchen’
Jurybegründung:
“Der Film ‚The Great Indian Kitchen’ ist eine Hommage an die junge und starke indische Ehefrau, die aus alten Traditionen und Strukturen auszubrechen versucht und sich nach Wertschätzung und Selbstentfaltung sehnt. Jeo Baby schafft es eindrucksvoll, jeden einzelnen Charakter in der beklemmenden Routine zwischen Hausarbeit, indischer Kochkunst und dem aufopferungsvollen Dienst an Ehemann und Schwiegervater deutlich herauszuarbeiten. Der Film schafft es auch, die blinden Flecken der alltäglichen Ungerechtigkeit an einer Hausfrau hervorzuheben, die sowohl von den Frauen als auch von den Männern des Hauses immer als selbstverständlich angesehen werden. Besonders beeindruckt hat uns, dass es Jeo Baby und seinem Team gelungen ist, einen aufregenden Spannungsbogen zu schaffen, ein Feuerwerk für alle Sinne, gemischt mit einer subtilen, aber eindringlichen Gesellschaftskritik. Eine Kritik, die nicht nur in Indien relevant ist, sondern überall auf der Welt, wo eine stärkere Wertschätzung der Frau und ihre Gleichstellung mit dem Mann noch aussteht.”
Ambiecka Pandit
mit ‘Custody’
Jurybegründung:
“Der Film ‚Custody‘ verwendet einen Strauß interessanter Techniken, um eine Stimmung mit großartigen Kompositionen und Blicken zu erzeugen. Die Lässigkeit der Schauspieler trägt zum Lebensgefühl bei und die Erfahrung als Ganzes wird unglaublich umfassend. Die Last, die Geschichte zu tragen, liegt bei niemandem und doch bei allen.”
Farida Pacha
mit ‘Watch over me’
Lobende Erwähnung: Samarth Mahajan mit ‘Boderlands’
Girish Kasaravalli
mit ‘Illiralare Allige Hogalaare’
Sushrut Jain
mit ‘The Tenant’
Preisträger*innen 2020
Prateek Vats
mit ‘Eeb Allay Ooo!’
Jurybegründung:
“Wir liebten den Film wegen der Originalität der Geschichte, mit seinen Figuren, deren Stimmen wir im Kino kaum zu hören bekommen. Genau wie im wirklichen Leben durchschauen wir sie im Kino als stummen Hintergrund. In diesem Film geht es um diesen stummen Migranten, der in der Stadt ums Überleben kämpft. Es ist ein sehr intelligenter Schauplatz, an dem sich diese Geschichte mit dem Parlamentsgebäude und verschiedenen Sekretariaten im Hintergrund entfaltet. Der höchste Machtsitz dieser Demokratie scheint diesen Mann zu verspotten, der versucht, zu überleben und seine Würde nicht zu verlieren. Der entmenschlichende Prozess ist herzzerreißend. Die Besetzung ist bemerkenswert natürlich und glaubwürdig. Die Tatsache, dass der Film an realen Schauplätzen mit einer minimalen Crew gedreht wurde, die den dokumentarischen Stil der Dreharbeiten einbezieht, trägt zur Authentizität des Films bei.”
Shaan Vyas
mit ‘Natkhat – The Brat’
Jurybegründung:
“Der Film thematisiert auf brillante Weise, wie Geschlechterstereotypen in den Köpfen eines sehr kleinen Jungen entstehen, der in einer patriarchalischen Gesellschaft aufwächst. Während er komplexe Themen wie häusliche Misshandlung auf sehr realistische Weise erforscht, schildert dieser Film auf wunderbare Weise die sehr zarte, aber dennoch kraftvolle Beziehung zwischen einer unterdrückten Mutter und ihrem Sohn, den sie versucht, anders aufzuziehen. Der einzigartige Erzählstil erweckt die poetische Kraft des Films zum Leben und wird durch authentisches Schauspiel und exzellenten Schnitt ergänzt.”
Lobende Erwähnung: Atanu Mukherjee mit ‘Wig’
Jurybegründung:
“Indem er die Marginalisierung einer unverheirateten Frau und die einer transsexuellen Sexarbeiterin nebeneinander stellt, gelingt es diesem Film, ein bekanntes Thema auf eine neue, subtile und zum Nachdenken anregende Weise anzusprechen. Die ausgezeichneten stilistischen Entscheidungen des Films unterstreichen seine wichtige Botschaft.”
2020 nicht vergeben
Madhu C. Narayanan
mit ‘Kumbalangi Nights’
Begründung des Programmteams:
“Der Director’s Vision Award geht an Madhu C. Narayanan. Unter seiner Leitung ist das entstanden, was ‚Kumbalangi Nights‘ zu einem brillanten Debüt macht. Er verbindet ein ausgefeiltes Drehbuch mit anspruchsvollen, fokussierten Darstellungen, die dysfunktionale Charaktere verkörpern, welche Erlösung durch die Kraft der Liebe finden. ‚Kumbalangi Nights‘ ist in jeder Hinsicht spektakulär: eine perfekt orchestrierte, vielschichtige Erzählung, hochwertiges, natürliches Schauspiel in einem indischen Film und eine einfühlsame Filmmusik, die mit dem atemberaubenden Hintergrund von Keralas Provinz verschmilzt.”
Manu Ashokan
mit ‘Uyare’
Preisträger*innen 2019
Safdar Rahman und Celine Loop
mit ‘Chippa’
Jurybegründung:
“Rahman nimmt uns mit auf eine Reise, während der wir Chippa auf seinen nächtlichen Abenteuern begleiten. Chippa navigiert uns durch seine Realität, streng und demütig, schrill und fröhlich, verborgen und enthüllt, zeigt uns Dinge, die seine Welt umgeben, während er sich bemüht, die Botschaft in einem Brief seines schon lang abwesenden Vaters zu übersetzen. ‚Cippa‘ ist ein berührender, humorvoller und kreativer Film über Träume und wie es ist, sich selbst zu finden. Der Film bietet mit seinem großartigen Schauplatzes, modernen Filmelementen, seinem wundervollen Hauptdarsteller Sunny Pawar, tollen Nebenrollen und dem großartigen Drehbuch von Rahman großartige Unterhaltung für alle und wird mit Sicherheit weltweit ein breites Publikum ansprechen, über Grenzen und Nationalitäten hinweg. Um es in Chippas Worten zu sagen: „Das Leben hat gerade erst begonnen” und der Weg in die Zukunft ist immer noch voller Überraschungen, Abenteuer, Chancen und Zuversicht. Eine tolle Message!”
Ashish Pandey
mit ‘Nooreh’
Jurybegründung:
“Solange man die Augen offen hält, schweigen die Waffen. Diese Erfahrung macht ein Mädchen in einem kleinen Dorf an der indisch-pakistanischen Grenze. Einem Dorf, in dem der Tod zum Alltag gehört. Kinder, die Einschüsse an den Häuserwänden auf dem Weg zur Schule zählen und Soldaten, die den Grenzzaun bewachen. Leise und unaufdringlich erzählt, berührt der Film vor allem mit seiner außergewöhnlichen und dennoch einfachen Idee: Das Mädchen Nooreh opfert seinen nächtlichen Schlaf und schafft somit Frieden im Dorf. Denn nur wenn sie die Augen schließt, herrscht Krieg. Der Film ist die Kampfansage eines Mädchens, das sich mit seiner kindlichen Handlung sowohl spielerisch als auch symbolisch gegen die Interessen der Erwachsenenwelt wehrt: Am Ende sind es die Kinder im Dorf, die dem Krieg Einhalt gebieten.”
Lobende Erwähnung: Reema Sengupta mit ‘Counterfeit Kunkoo’
Jurybegründung:
“Eine Frau sucht eine Wohnung. Doch in einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft spricht alles gegen sie: ohne Ehemann kann sie keine Wohnung mieten. Feinfühlig porträtiert “Counterfeit Kunkoo” die junge Frau Smita, die kaum zu Wort kommt und dennoch stoisch ihren Weg geht. Immer wieder finden wir die Protagonistin am Rande des Bildschirms, fast schon dem Film und seinem Geschehen entgleitend. Beobachtend und dokumentarisch wirkend hinterfragt der Film von Reema Sengupta ein von Männern dominiertes System ohne dabei verurteilend zu wirken. Und zeigt gleichzeitig seine Widersprüche auf: denn nur durch das Tragen eines “Bindi“ (Kunkoo auf Marathi) und somit dem Vortäuschen, eine verheiratete Frau zu sein, kann sich Smita am Ende den Wunsch nach einer eigenen Wohnung erfüllen.“
Archana Phadke
mit ‘About Love’
Jurybegründung:
“Der German Star of India für den besten Dokumentarfilm geht an ‚About Love‘ von Archana Phadke. Die Regisseurin gibt mit der filmischen Darstellung ihrer Familie einen sehr offenen und ehrlichen Einblick in Leben und Zusammenleben dreier Generationen in Mumbai. Mit einem feinen Gespür für die alltägliche Situationskomik lernen wir die Familienmitglieder kennen und lieben. In diesem Film werden Geburtstagslieder gesungen, ein Fernseher geföhnt, auf dem Dach des Hauses Drachen steigen gelassen, und die Filmemacherin muss sich beim Vater entschuldigen, dass sie dessen Socken angezogen hat. Die harmlos wirkenden Alltagsszenen sind durch wunderbare Bildmontage tiefsinnig miteinander verwoben. Ein Gefühl von Nähe wird durch die Kameraführung und die Liebe zum Detail geschaffen. Dies hat die Jury sehr beeindruckt. Ein faszinierender, bewegender und manchmal auch amüsanter Film, der ein persönliches Porträt einer Mittelschichtfamilie im urbanen Indien von heute zeichnet – und Mut macht, ehrlich, offen und unverkrampft miteinander umzugehen.”
Lobende Erwähnung: Sapna Bhavnani mit ‘Sindhustan’
Jurybegründung:
“Wir finden, ‚Sindhustan‘ hat eine besondere Erwähnung verdient. Aus folgenden Gründen: Die Teilung Indiens im Jahr 1947 führte dazu, dass etwa 10 bis 12 Millionen Menschen vertrieben wurden, durch die damit einhergehenden Gewalttaten verloren rund zwei Millionen Menschen ihr Leben. Abgesehen von dem Verlust von Leben und Land verursachte dies einen enormen Verlust an Kultur. Vor diesem Hintergrund spielt der Film ‚Sindhustan‘. Mit ihrer Sindhi-Abstammung wurde Sapna Bhavnani in Mumbai geboren und verbrachte einen Großteil ihres Lebens in einer kosmopolitischen Stadt, bis ihr klar wurde, dass sie ihr kulturelles Erbe erforschen will. ‚Sindhustan‘ ist ein äußerst experimenteller Versuch von Sapna Bhavnani, ihre Wurzeln wiederzuentdecken. Sie wusste nicht viel über ihre Kultur, kannte nur das berühmte Gericht ‚Sindhi Curry‘. Was wir interessant fanden, ist die Gegenüberstellung von Sindhi-Geschichten und das Kochen von Sindhi-Gerichten. Essen bleibt eine starke, ungebrochene Verbindung zur Kultur, wenn vieles andere verloren geht. Als ihr der Besuch des Lands Ihrer Vorfahren verwehrt wurde, ritzte sie sich dessen Geschichten als Tätowierungen in den Körper und „brachte so das Land zu sich“: Erinnerungen, mit Tinte dauerhaft aufgeschrieben. Wir fanden es sehr interessant, wie sie diese Aspekte der Suche nach ihren Wurzeln in ihrem Film miteinander verwoben hat. Das haben wir bislang nicht in vielen Filmen gesehen. Dafür möchten wir diesen Film mit eine besonderen Erwähnung auszeichnen.”
Vikas Khanna
mit ‘The Last Color’
Begründung des Programmteams:
“Der Director’s Vision Award geht an ‚The Last Color‘ von Vikas Khanna, der in New York und Mumbai lebt. Vikas Khanna hat sich weltweit einen Namen als Michelin-Sterne-Koch gemacht. Mit ‚The Last Color‘ feiert er sein bemerkenswertes Debüt als Regisseur. Der Film ist inspiriert von Khannas erschütternden Begegnungen mit Witwen und Straßenkindern in der heiligen Stadt Varanasi im Norden Indiens. Auch in seiner eigenen Kindheit wurde Vikas Khanna mit Hindernissen konfrontiert, musste Hürden überwinden. Durch Charakterstärke und Entschlossenheit schaffte er es, diese Schwierigkeiten hinter sich zu lassen und eine beeindruckende Karriere zu machen. Heute gilt er als einer der meistgelobten Köche der Welt. Und jetzt präsentiert er uns seinen vielversprechenden Einstieg in eine neue Welt – die Welt des Filmemachens.”
Vikas Khanna
mit ‘The Last Color’
Preisträger*innen 2018
Rahul Nair
mit ‘Ottamuri Velicham – Light in the Room’
Von links nach rechts: Cary Rajinder Sawhney, Rahul Nair, Franziska Subramanian, Andreas Lapp
Nagraj Manjule
mit ‘Pawasacha Nibandh – An Essay of the Rain’
Von links nach rechts: Thomas Bünger, Balkrushna Manjule, Nagraj Manjule, Daniel Popat
Anushka Meenakshi und Iswar Srikumar
mit ‘Kho Ki Pa Lu – Up Down and Sideways’
Siddartha Jatla
mit ‘Love and Shukla’
Begründung des Programmteams:
“Der Director´s Vision Award geht an Siddhartha Jatla für „Love and Shukla“ … für seinen einfühlsamen, einfühlsamen Blick auf die Einschränkungen, die Frischvermählten unter den Unterprivilegierten in Indien auferlegt werden, wo es absolut keine Chance auf Intimität oder Privatsphäre gibt.”
Von links nach rechts: Therese Hayes, Siddartha Jatla, Uma da Cunha
Saraswathi Balgam
mit ‘Sisya – The Disciple’
Von links nach rechts: Saraswathi Balgam, Frederike Behrens
Preisträger*innen 2017
Haobam Paban Kumar
mit ‘Loktak Lairembee – Lady of the Lake’
Jurybegründung:
“Für den besten Spielfilm kürte die Jury einen Film, der sich schonungslos mit den Konventionen des Kinos auseinandersetzt und gleichzeitig eine Geschichte erzählt, die unsere Zeit berührt. Auf subtile und poetische Weise entführen uns der Filmemacher und sein Team hypnotisch in eine Welt zwischen Traum und Wirklichkeit. Eine Welt, in der Ängste vor Vertreibung, Menschenrechte und die Konflikte, mit denen wir um unser Zuhause und unsere Umwelt konfrontiert sind, in dieser Arbeit mit großer Integrität und Ehrlichkeit zum Ausdruck kommen. Die Jury würdigt den Überzeugungsmut des Regisseurs und seines gesamten Teams und zeichnet „Loktak Lairembee (The Lady of the Lake)“ von Haobam Paban Kumar als „Bester Spielfilm“ aus.”
Rahul V. Chittella
mit ‘Azaad’
Jurybegründung:
“”Asaad” ist ein gekonnt ausgeführter Kurzfilm, der viele Herausforderungen einer Mittelklassefamilie in Indien berührt. Es erzählt die überzeugende Geschichte einer Vater-Sohn-Beziehung und thematisiert dabei die große finanzielle Herausforderung privater Bildung und den unerbittlichen Kampf um die Freiheit der journalistischen Rede und Meinungsäußerung. Der Film zeigt eine starke und nuancierte Erzählung, die das Persönliche und das Politische in erfrischender Balance miteinander verwebt. Das beeindruckende Schauspiel der Hauptfigur, aber auch der Auftritt eines korrupten Detektivs, der nicht arbeitet, bis er eine Nebenzahlung bekommt, geben Einblick in den schwierigen Kampf gegen das Schweigen kritischer Schriftsteller. Die Geschichte gibt einer Realität eine Stimme, die für die aktuelle soziopolitische Landschaft Indiens sehr relevant ist.”
Lobende Erwähnung: Bernd Lützeler mit ‘Camera Threat’
Jurybegründung:
“”Camera Threat” – ein spielerischer Dialog zwischen analogem und digitalem Filmmaterial, Schauspielerin und Filmregisseur auf einer Casting-Couch. Es zeigt eine starke Stimme des Filmemachers, die sich durch einen einzigartigen stilistischen und nicht-narrativen/linearen Ansatz auszeichnet film nimmt uns mit auf eine Reise durch die indische Filmtradition und die damit verbundenen Sehnsüchte. Und diesmal reisen wir über Genres und Kategorien hinaus. Die Jury möchte den großen experimentellen und selbstreferenziellen Ansatz würdigen. “Camera Threat” war willkommen Abkehr von der Mehrheit der narrativen Fiktion. Skurril, aufschlussreich und völlig originell.”
Shirley Abraham und Amit Madheshiya
mit ‘The Cinema Travellers’
Jurybegründung:
“„Cinema Travellers“ fasst auf wunderbare Weise die universelle Anziehungskraft des Kinos zusammen und wie die Digitalisierung langsam das Filmformat überholt, was für manche ziemlich schmerzhaft ist. Es spielt im Herzen des ländlichen Indien und zeigt, wie das Kino eine direkte Verbindung zu den Massen im Land hat und wie sehend die bewegten Bilder selbst in einem provisorischen Arrangement bedeuten ihnen die Welt. Der Film ist wunderschön gedreht, geschnitten und erzählt und technisch sehr genau. Es ist ganz offensichtlich, dass die Filmemacher ihr Thema lieben, kennen und verstehen. Die beiden Männer, die bringen Diese Freude an die Landbevölkerung versucht, die zunehmenden Verluste durch verschlissene Projektoren und beschädigte Filmkopien zu verkraften, aber ihre Leidenschaft ist grenzenlos, ebenso wie die des Projektormechanikers in seinen letzten Jahren, der eine erfolgreiches Geschäft jetzt am Ende. Die Filmemacher geben den 3 Geschichten Raum, sich selbst zu entwickeln und zu entwickeln, und das Endergebnis ist sowohl Euphorie als auch Melancholie. Der Projektor zunehmend fühlt sich wie ein lebendiges Wesen an und der Betrachter gewinnt Empathie für ein Handwerk, das von der modernen Technologie überholt zu sein scheint. Zum Glück ist der Film nicht nostalgisch, denn er zeigt auch, dass der Kauf eines Digitalprojektors den Kinobesitzern neue Hoffnung gibt, ihr Geschäft in die Zukunft auszudehnen. Die große Zahl der Zuschauer im ländlichen Indien wird die Möglichkeit haben, eine gute Bildqualität zu sehen, da die alten Projektoren von früher immer heruntergedimmt wurden, um die Lebensdauer der Glühbirne zu verlängern, und die Ausdrucke immer völlig abgenutzt waren. Es ist ein allgemein umstrittenes Thema, da die Digitalisierung viele Aspekte unserer Gesellschaft langsam verändert, manche zum Guten und manche zum Schlechten, und uns nur die Erinnerungen an die vergangenen Jahre zurücklässt.“
Padmakumar Narasimhamurthy
mit ‘A Billion Colour Story’
Begründung des Programmteams:
“„Der Director’s Vision Award geht an den Debüt-Spielfilm ‚A Billion Color Story‘ für sein sanftes, bewegendes und überzeugendes Plädoyer gegen eine von religiösen Differenzen zerrissene und gespaltene Welt, das umso bedeutungsvoller wird, wenn man es durch die Unschuld eines 12-Jährigen betrachtet alter Junge.”
Shubhashish Bhutiani
mit ‘Mukti Bhawan – Hotel Salvation’
Preisträger*innen 2016
Raam Reddy
mit ‘Thithi’
Jurybegründung:
“Die diesjährige Jury hatte das Glück, fünfzehn außergewöhnliche Filme von solcher Vielfalt und Lebendigkeit zu erleben, die für uns gemeinsam eine lebendige und gesunde indische Bewegung des unabhängigen Filmemachens darstellen, die zu einer Kraft heranreift, mit der man rechnen muss. Wir lachten, wir weinten, wir waren empört, mit gebrochenem Herzen und dann erhoben. Sich für einen dieser fünfzehn zu entscheiden, ist keine leichte Aufgabe, aber das ist die Aufgabe … Ein alter Mann, über hundert Jahre alt, beleidigt Frauen und Männer auf den Straßen seines Dorfes. Dann steht er auf, geht hinter ein Haus, kniet nieder, fällt um und stirbt. Und so beginnt eine absurde Gesellschaftssatire epischen Ausmaßes. Bei so bemerkenswerten Leistungen ist es schwer zu glauben, dass die Besetzung völlig unprofessionell ist. Zurückhaltende und dennoch poetische Kinematografie. Und Charaktere, die sich mit bemerkenswerter Leichtigkeit entwickeln und uns ihre individuellen Schwächen mit Humor und Liebe offenbaren. Die Jury prämiert „Thithi“ – einen bemerkenswerten Erstlingsfilm und ein liebenswertes Porträt einer Welt voller Charaktere, die einen noch lange begleiten, nachdem die Lichter angehen.“
Payal Sethi
mit ‘Leeches’
Jurybegründung:
“Die Jury ist einhellig der Meinung, dass dieser Film eine besondere Bedeutung hat, da er ein Thema aufgreift, das in der Öffentlichkeit kaum Beachtung findet. Starke und schwache Frauen betreiben ein Geschäft, von dem wenige profitieren und dessen Opfer in eine perspektivlose Zukunft entlassen werden . Die prekäre Situation, die desolaten finanziellen Verhältnisse und die fehlenden Auswege werden in sich und umfassend dargestellt. Und das in einer Gesellschaft, die solche Praktiken systematisch unterstützt und sogar staatlich dokumentiert. Der Film besticht von Anfang an durch eine gekonnte, dramatische Inszenierung mit exzellenten schauspielerischen Leistungen und einer aufreizenden, aber nie übertriebenen, mitreißenden Atmosphäre, in deren Geschehen der Zuschauer hineingezogen wird. Das offene Ende lässt den Zuschauer in Dunkelheit und Ungewissheit zurück, was das Gefühl hinterlässt, dass Veränderung nicht über Nacht entsteht und ist nicht ohne Risiko und Gefahr. Indem er ‚One Day Brides’ und das damit verbundene institutionelle Treiben anspricht, zeigt der Regisseur uns, wie wichtig Filme über Rachephantasien und Widerstand sind, wenn es um die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Problemen geht.”
Pankaj Johar
mit ‘Cecilia’
Jurybegründung:
“”Cecilia” ist ein Film über Menschenhandel in Indien. Ein 14-jähriges Mädchen, Mati, wird aus ihrem Dorf im nordöstlichen Stammesgürtel von einer von mehreren dubiosen Vermittlungsagenturen an ein wohlhabendes Paar in Delhi verkauft. Es Dort nimmt sie sich das Leben.“ Ihre Mutter Cecilia, die in Delhi als Haushaltshilfe arbeitet, kann es nicht fassen, wie verzweifelt ihre Tochter war. Zusammen mit dem jungen Paar, einem Filmemacher und einem Anwalt, in dessen Haus sie aushilft, versucht sie, der Situation auf den Grund zu gehen. Der Filmemacher Pankaj Johar führt auch Regie bei dieser Dokumentation. „Cecilia“ zeigt die hässlichen Schattenseiten der indischen Gesellschaft “Menschenhandel, Kinderarbeit, Gewalt gegen Wehrlose, Erpressung und Korruption. Das extreme soziale Ungleichgewicht wird in der Auseinandersetzung zwischen der wohlhabenden oberen Mittelschicht Delhis und der verarmten Landbevölkerung deutlich. Aber der Film zeigt auch Mut und Mut starke Schauspieler, die sich weigern t o die schrecklichen Dinge in ihrem Land akzeptieren und dann kämpfen, um sie zu besiegen. Pankaj Johar gelingt der gelungene Wechsel zwischen seinen Rollen als Regisseur und Protagonist. Er stellt unbequeme Fragen, auch an sich selbst. Zum Beispiel, wenn er merkt, dass es letztlich Menschen wie er und seine Frau sind, die billige Arbeitskräfte und damit das ganze System in Frage stellen. Aber das westliche Publikum kann nicht empathisch den Kopf schütteln und einfach weggehen, so groß ist die Ungerechtigkeit im multiethnischen Indien. Stattdessen werden sie zu Mitopfern und fühlen sich wahrscheinlich deswegen sichtlich unwohl. Die Geschichte der Einzelschicksale von Cecilia und ihrer Tochter ist überzeugend verknüpft und dramaturgisch konsequent ineinander verwoben, was die Relevanz des Themas weit übersteigt. Kurz gesagt, die kaufende Öffentlichkeit akzeptiert nicht nur die Ausbeutung der Schwachen in ihrem Land, um billigere indische Produkte zu kaufen, sondern fordert sie sogar. „Cecilia“ handelt von Schuld und der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit. Es ist ein Verdienst des Regisseurs, dass er nicht auf die vereinfachenden Kategorien „gut“ und „schlecht“ hereingefallen ist. Der Film stellt nach seinem Höhepunkt noch mehr Fragen als zuvor. Moral und Gerechtigkeit als absolute Werte der Menschheit verlieren mit ihren immer komplexeren und diffuseren Verflechtungen allmählich ihre Orientierungskraft in der Geschichte. Cecilia ist ein Film voller Konflikte. Der Konflikt zwischen Arm und Reich, zwischen Menschenhandel und (korrupter) Justiz und sogar zwischen dem Ehepaar, dem Regisseur und seiner Frau, deren Beziehung durch den Fall und seine Gefahren auf die Probe gestellt wird. All diese Konflikte werden nicht gelöst, ebensowenig wie die Saga selbst. Das Ende ist schmerzhaft und wirklich herzzerreißend. Der Wunsch des Filmemachers, der nach Gerechtigkeit strebte, bleibt unerfüllt. Dieser Prozess gipfelt am Ende in der prägnanten Aussage von Pankaj Johar, dass Cecilia in einer Welt lebt, die nicht seine ist. „Cecilia“ ist ein fesselnder Film. Zwischen Dokumentarfilm, investigativem Journalismus und spannender Krimigeschichte pendelt Pankaj Johar geschickt zwischen den Genres. Es wirkt nicht inszeniert, sondern ist das natürliche Ergebnis der Arbeit und des Erkenntnisprozesses des Regisseurs.“
Lobende Erwähnung: Chandrashekhar Reddy mit ‘Fireflies in the Abyss’
Jurybegründung:
“„Fireflies in the Abyss“ führt den Zuschauer in die Welt des illegalen Kohleabbaus im nordostindischen Bundesstaat Meghalaya. Die meisten Bergleute kommen hier aus Nepal und Bangladesch. Der Film zeigt eine Gruppe von Männern, Frauen und Kindern, die unter menschenunwürdigen Bedingungen in den sogenannten Rattenlöchern arbeiten. Ohne Filmteam, aber mit viel Einfühlungsvermögen und lebendiger Kameraführung porträtiert Regisseur Chandrashekhar Reddy drei Generationen, die in einem Kreislauf aus harter Arbeit, Alkohol und Spielsucht gefangen zu sein scheinen. Eine ungewöhnlich fröhliche Musikkomposition lässt manchmal Hoffnung auf eine bessere Zukunft aufkommen.”
Leena Yadav
mit ‘Time of the women – Parched’
Begründung des Programmteams:
“Für die Projektion der privaten Welt unterdrückter Frauen im ländlichen Indien, die trotz patriarchalischer Normen nach Liebe, Sex und Freiheit dürsten, mit solcher Ehrlichkeit und tiefem Verständnis. Mit Elan und Lebendigkeit erhebt Leena Yadav die Kämpfe dieser starken Frauen zu einem inspirierenden Porträt der Befreiung .”
Pan Nalin
mit ‘Angry Indian Goddesses’
Preisträger*innen 2015
Chaitanya Tamhane
mit ‘Court’
Jurybegründung:
“Der Film „Court“ ist ein Gerichtsdrama über einen alternden Dichter, dem vorgeworfen wird, mit seinen Texten einen Mann in den Selbstmord getrieben zu haben, aber er begleitet die Beteiligten auch in ihren Alltag. Es ist ein Spielfilm mit einer authentischen Darstellung eines Gerichtsverfahrens sowie die Lebenswelten der Figuren auf interessante und künstlerische Art. Der Film lenkt unsere Aufmerksamkeit auf subtile Weise auf die Macht der Sprache in der Poesie und ihre Grenzen im rechtlichen Kontext und reflektiert über die Meinungsfreiheit, die es nicht gibt nur vom Staat oder dem Rechtssystem bedroht, sondern auch von selbsternannten Kulturhütern. Obwohl er in der spezifischen lokalen Realität des zeitgenössischen Mumbai spielt, geht es in dem Film auch um ein global relevantes Thema.”
Pratyusha Gupta
mit ‘Journey [Safar]’
Jurybegründung:
“„Safars” feinfühliger Umgang mit schwierigen sozialen Realitäten und unflexiblen Strukturen; die sparsame und doch spielerische Art, mit Macht und Klassenverhältnissen umzugehen; die trügerische Alltäglichkeit seiner Handlung, die wiederum visuelle Poesie zulässt und Raum für Starkes schafft Performances, machten den Film zum Gewinner des diesjährigen Festivals. Die Jury bewunderte die subtile Auseinandersetzung der Filmemacherin mit gesellschaftlichen Codes, während sie eine kraftvolle Geschichte aufbaut, die erfrischend frei von Bombast ist. Die zurückhaltende Erzählung wird von einem eindringlichen Track von Tajdar Junaid zusammengehalten.”
Lobende Erwähnung: Satindar Singh Bedi mit ‘Kamakshi’
Jurybegründung:
“Die Jury war auch sehr beeindruckt von Kamakshi, einem einzigartigen, unheimlichen Film mit enormer visueller Spannweite, der sowohl den Charakter als auch die ökologischen Bedingungen untersucht. Der Filmemacher zeigt ein tiefes Verständnis der filmischen Sprache, da er große Teile karger Geographie als eindrucksvolle Kulisse verwendet um die Entfaltung eines bedeutenden menschlichen Dramas zu lokalisieren. In dieser surrealistischen Darstellung eines alten Mythos, die auch einen Blick auf die aktuelle und zukünftige Wasserknappheit wirft, vereint der Filmemacher Porträts mit Landschaften und schafft so eine außergewöhnliche Tonalität und Textur. Klang von Glocken, die an Schafe gebunden sind, u ein mit Wasser gefülltes Boot, eine Frau, die aus einem frisch gegrabenen Brunnen gezogen wird, all dies schafft eindringliche Bilder, die den Zuschauern noch lange nach dem Anschauen des Films in Erinnerung bleiben.”
Megha Ramaswamy
mit ‘Newborns’
Jurybegründung:
“Der nur neun Minuten lange Dokumentarfilm „Newborns“ von Megha Ramaswamy setzt sich eindringlich mit den Ängsten der Opfer von Säureangriffen auseinander. Die Jury betont: Die Synergie aus Gesichtsverzerrung und Schönheit der Poesie wird nicht beschönigt, sondern dokumentiert Kraft. Der Film gibt einen Einblick in die inneren Befindlichkeiten der Protoganisten – sowohl im privaten als auch im öffentlichen Raum.„Newborns“ verschweigt nicht, dass die Angst allgegenwärtig ist, und spielt auch nicht den anhaltenden Schmerz und die Schmerzen herunter.”
Gajendra Ahire
mit ‘The Silence’
Begründung des Programmteams:
“Der Director’s Vision Award geht an den Marathi-Film „The Silence“ für seine mutige Darstellung eines universellen Themas – den Missbrauch von Mädchen und Frauen. Der Film spielt in Maharashtra, in den ländlichen Gebieten sowie in den Städten, und berücksichtigt den Fortschritt der Emanzipation der Frauen, die für ihre Unabhängigkeit und ihren rechtmäßigen Platz in der Gesellschaft kämpfen.”
Lobende Erwähnung: Makarand Mane mit ‘The Quest [Ringan]’
Jurybegründung:
“Der Director’s Vision Award verleiht dem Marathi-Film „Ringan“ eine lobende Erwähnung für seine inspirierende Geschichte über den Wert von Liebe, Wahrheit und Ehrlichkeit, die durch den Kampf eines verarmten Bauern und die Sehnsucht seines rebellischen kleinen Sohnes nach einer verlorenen Mutter erzählt wird.”
Leslee Udwin
mit ‘India’s Daughter’
Preisträger*innen 2014
Richie Mehta
mit ‘Siddharth’
Jurybegründung:
“Der Spielfilm „Siddharth“ überzeugte die Jury durch sein ernstes Thema, die herausragende Arbeit des Regisseurs Richie Mehta, die geradlinige Darstellung der Schauspieler Rajesh Tailang und Tannishtha Chatterjee und seine stimmige Dramaturgie. Mahendra, ein Kettenwallah, der auf der Straße kaputte Reißverschlüsse repariert, und seine Familie leben von der Hand in den Mund. Da kommt das Angebot eines Verwandten, dass Mahendras 12-jähriger Sohn für vier Wochen in einer weit entfernten Fabrik arbeiten könnte, wie aufs Stichwort. Der Junge macht sich auf den Weg und kehrt nie zurück. „Siddharth“ handelt von der verzweifelten Suche eines völlig hilflosen Vaters nach seinem Sohn, von dem er nicht einmal ein Foto hat, das der Polizei bei ihren Ermittlungen helfen könnte. Entführte Kinder landen entweder in der Prostitution, im Organhandel oder als verkrüppelte Bettler, die für die Mafia arbeiten. Mahendra begibt sich auf eine vergebliche Suche und muss gemeinsam mit dem Publikum erfahren, was seinem Kind alles zugestoßen sein könnte. Der Film endet schonungslos und realistisch. Der Junge ist nicht zu finden. Doch die Familie kann nur durchhalten und hoffen.”
Satyanshu Singh und Devanshu
mit ‘Tamaash – The Puppet’
Jurybegründung:
“„Tamaash – The Puppet“ handelt von Anzar, einem kleinen Jungen, der lernen muss, selbstständig zu handeln und nicht neidisch auf den Erfolg anderer zu sein. Wir erleben die Welt der Kinder, in der große Themen wie Neid, Ehrlichkeit, Fleiß, Freundschaft und Familie angesprochen werden. Die Filmsprache ist schlüssig und kompakt. In den Bergen Kaschmirs angesiedelt, gelingt es dem Film, regionale Kultur und Mystik mit universeller Relevanz zu erzählen. Regie, Schauspiel, Bild und Ton verfolgen eine klare Vision und treffen den richtigen Ton für die magische Geschichte.”
Christoph Schaub und Kamal Musale
mit ‘Millions Can Walk’
Jurybegründung:
“Der Dokumentarfilm „Millions can walk“ der schweizerischen und schweizerisch-indischen Regisseure Christoph Schaub und Kamal Musale über den Jan Satyagraha, den Marsch für Gerechtigkeit, überzeugt durch sein Thema, seine Bandbreite und seinen Informationsreichtum sowie seine Bildervielfalt. Es ist ein wichtiger Film in dokumentarisch ästhetischen Bildern über den gewaltlosen Protestmarsch von 100.000 landlosen Bauern und Ureinwohnern im gleißenden Sonnenlicht ins 400 km entfernte Delhi, um gemeinsam für eine ehrenvolle Existenz zu kämpfen. Der Film ist thematisch berührend, zeigt hautnah den enormen logistischen Aufwand, den Menschen gemeinsam bewältigt haben, und thematisiert anschaulich die Einzelschicksale seiner Figuren, die ganz offen von ihren Situationen, Motivationen und Gefühlen erzählen. So transportiert der Film eine Stimmung, die stellvertretend für die 100.000 Indianer steht, die die Strapazen dieses Marsches auf sich genommen haben. Es ist ein ausgewogener Film, sowohl interessant als auch aufschlussreich, über einen zeitgenössischen nicht nur indischen, sondern auch globalen Konflikt.”
Nagesh Kukunoor
mit ‘Lakshmi’
Begründung des Programmteams:
“Der Director’s Vision Award geht an Nagesh Kukunoor für den Film „Lakshmi“. Er wird dafür ausgezeichnet, dass er der Welt eine inspirierende Geschichte über Entschlossenheit und Mut zu Verbrechen gegen den Missbrauch von Mädchen gebracht hat. Der Film konzentriert sich auf die wahre Geschichte eines bestimmten Mädchens, das uns die Hoffnung gibt, für eine bessere Zukunft zu kämpfen.”
Sumitra Bhave und Sunil Sukthankar
mit ‘Astu’
Preisträger*innen 2013
Nitin Kakkar
mit ‘Filmistaan’
Jurybegründung:
“„Filmistaan“ ist eine poetische Erzählung eines sehr ernsten politischen Themas. Es schafft es, die Wahrheit über die unnatürliche Kluft aufzudecken, die zwischen einfachen Menschen entsteht, die dieselbe Sprache sprechen und derselben Kultur folgen, in einer sehr einfachen Erzählung, die unsere Herzen berührt und Fragen zur politischen Haltung mehrerer Länder aufwirft. Dieser Film ist ein schönes Beispiel für die Kraft der Kunst und ein angemessenes Werk, das an 100 Jahre indisches Kino erinnert. Besonders hervorzuheben ist die Leistung aller Schauspieler. Im Großen und Ganzen ist „Filmistaan“ ein Entertainer mit einer sehr starken Botschaft vom Geist des einfachen Mannes und der Brüderlichkeit über Grenzen hinweg.”
Vikram Dasgupta
mit ‘Calcutta Taxi’
Jurybegründung:
“„Unsere Unterschiede machen uns zu dem, was wir sind.“ Ein junger Kunststudent kämpft darum, seine Habseligkeiten zurückzubekommen, von denen er glaubt, dass sie von einem Taxifahrer gestohlen wurden. Aber die Dinge sind etwas anders. „Calcutta Taxi“ ist ein unbeschwerter Film, der große Themen des heutigen Indien berührt. Es ist gut geschrieben, gespielt und gedreht. Der einzigartige Redaktionsstil hält Sie durch sein schnelles Tempo süchtig und nutzt mehrere Ansichten, um eine unerwartete Geschichte über Ehrlichkeit zu erzählen. Das ist kraftvolles und dynamisches indisches Kino.”
Kim Longinotto
mit ‘Salma’
Jurybegründung:
“Das unglaublich harte Schicksal der Protagonistin Salma hat uns gleichermaßen fasziniert und erschüttert. Seit ihrer Jugend eingesperrt im Haus der Familie, ohne die Möglichkeit, zur Schule zu gehen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, entflieht sie in eine Welt der Poesie. Sie beginnt, ihr Leben in Gedichten zu verarbeiten. Ein Tabubruch. Kim Longinotto schafft es, uns Salmas Welt und die ihrer Familie ganz nah zu bringen. Die Charaktere in diesem Film überzeugen durch ihre Tiefe. Der Regisseurin gelingt es, die Sichtweise jedes Familienmitglieds verständlicher zu machen – egal, wie befremdlich die jeweilige Denkweise für uns erscheint. Darüber hinaus besticht der Film durch seine außergewöhnliche und ebenso zurückhaltende, einfühlsame Kameraführung und durch seine spannende Dramaturgie.”
Hansal Mehta
mit ‘Shahid’
Begründung des Programmteams:
“Der Regisseur muss für die Wahl seines Themas hoch gelobt werden – die wahre Geschichte eines selbstlosen und engagierten Menschenrechtsaktivisten, der sein Leben aufs Spiel setzte, um hilflose und oft sehr arme Opfer politischer Vorurteile zu verteidigen. Der Film macht den Zuschauer bewusster und motivierter, sich gegen Ungerechtigkeiten zu wehren, die wir gerne übersehen.”
Kuvera und Nelson Sivalingam
mit ‘The Rajiini Effect’
Preisträger*innen 2012
Karan Gour
mit ‘Kshay’
Jurybegründung:
“Wir, die Jury, würdigen Karan Gour, den Regisseur von „Kshay“, für seine furchtlose Herangehensweise an die Darstellung eines jungen, künstlerisch befreiten Geistes, der dennoch an wirtschaftliche Beschränkungen gebunden ist, und sein Streben nach mehr Wohlstand und Wohlstand. Die indische Metapher des Symbols der Göttin des Reichtums „Maha Lakshmi“, die für die Protagonistin ein Objekt der Besessenheit ist, und ihr Konflikt zwischen Verlangen und Logik wurde überzeugend mit einer bemerkenswerten Synergie von Geschichte, Bild und Ton dargestellt. Besonders erwähnenswert ist die herausragende Leistung der Hauptdarstellerin Rasika Dugal. Wir gratulieren dem Regisseur Karan Gour zu seiner Kreativität, seinem Mut und seiner Überzeugung.”
Ritesh Batra
mit ‘Café Regular, Kairo’
Jurybegründung:
“Ein junges Paar trifft sich in einem Café in Kairo. Die Frau konfrontiert ihr Gegenüber – ihren Verlobten – mit ihrem Wunsch, vor der Eheschließung ihre Sexualität gemeinsam zu erforschen, weil sie sicher sein will, die richtige Entscheidung zu treffen. Die Zuschauer erhalten einen kurzen, aber sehr intimen Einblick in ihr Innenleben einer jungen Ägypterin und ihrem Verlobten, die erst nach anfänglicher Skepsis und Empörung in einen Dialog treten. Ein intimes Zeugnis eines engen, jungen Paares, das wahrgenommene traditionelle Grenzen durchbricht und den Weg in eine aufgeschlossene, moderne Zukunft ebnet. Mit nur wenigen Takes und durch Improvisation behandelt der Film auf einfache und ruhige Weise ein Tabuthema in einer sich schnell verändernden Welt. In wenigen Minuten gibt Regisseur Ritesh Batra tiefe Einblicke in die Wünsche und Bedürfnisse einer aufgeschlossenen, jungen muslimischen Generation, die dennoch den Traditionen ihrer Eltern verpflichtet ist. „Café Regular, Cairo“ ist ein kurzer, aber großartiger Film über die Nöte, Konflikte und Träume dieser Welt.”
Rama Rau
mit ‘The Market’
Jurybegründung:
“„The Market“ schafft es effektiv, zwei sehr weit voneinander entfernte Realitäten zusammenzubringen: Die Familie eines Nierenpatienten in Kanada und einen Nierenmakler aus einem vom Tsunami heimgesuchten Slum in Südindien. Der Film, der die emotionale Zwangslage seiner gut ausgewählten Protagonisten darstellt, gibt keine einfache Antwort auf das moralische Dilemma des Organhandels und wirkt noch lange nach seinem offenen Ende in den Köpfen der Zuschauer nach.”
Lobende Erwähnung: Raffaele Brunetti mit ‘Mother India”‘
Jurybegründung:
“„Mother India“ begleitet die Suche eines indischen Mittelklasse-Paares nach Elternschaft. Während der Film seine Protagonisten geduldig und eingehend beobachtet, vermitteln die ruhigen Bilder und die sehr gute Montage ein präzises Porträt der indischen Gesellschaft, die von einer boomenden Fruchtbarkeitsindustrie herausgefordert wird.”
Sujay S. Dahake
mit ‘Shala’
und
Prashant Nair
mit ‘Delhi in a Day’
Begründung des Programmteams:
“Der Director’s Vision Award geht an Sujay Dahakes Marathi-Film „Shala“ für seine authentische Darstellung von Schulkindern, die in einer repressiven Kleinstadtgesellschaft erwachsen werden.
Der Director’s Vision Award geht auch an Prashant Nairs Film „Delhi in a Day“ in Englisch und Hindi für seinen vielschichtigen Blick auf die Werte von Delhis städtischen Reichen und ihren Dienern, der durch die Augen eines Besuchers aus dem Ausland dargestellt wird.“
Wendy J.N. Lee
mit ‘Pad Yatra – A Green Odyssey’
Preisträger*innen 2011
Vikramaditya Motwane
mit ‘Udaan’
Jurybegründung:
“Der Film „Udaan“ handelt von der unruhigen Beziehung zwischen einem Vater und seinem heranwachsenden Sohn. Das Wort Udaan bedeutet einen Flug der Fantasie. Das motiviert den Sohn, einen aufstrebenden Dichter, und macht den verwitweten Vater wütend, der ihn als Ingenieur in seine Fußstapfen treten lassen möchte. Besonders interessant ist auch, dass der Film einen im Kino kaum zu sehenden industriellen Teil Indiens betrachtet und dennoch auf universelle Weise kommuniziert. Es wurde von einem erstmaligen Regisseur gemacht und hat eine Zuversicht und Subtilität, auf die jemand, der viel reifer ist, zu Recht stolz wäre. Es freut uns sehr, dass sich die Jury einhellig einig war.”
Shlok Sharma
mit ‘Tubelight Ka Chaand’
Jurybegründung:
“Märchenhaft erzählt der Film die Geschichte eines kleinen Jungen, der in den Mond verliebt ist und alles versucht, um ihn zu erreichen. Die starken emotionalen Bilder des Films zeigen das traurige und einsame Leben eines Jungen auf den Straßen von Kalkutta. Gleichzeitig beschreibt der Regisseur Shlok Sharma mit sehr poetischen Bildern die Traumwelt des Jungen. Der Kontrast zwischen diesen beiden Welten spiegelt sich in einer zwischen Licht und Dunkelheit oszillierenden Kameraführung, schnellen Schnitten und fast dokumentarisch anmutenden Kommentaren wider. Formal und inhaltlich ist dem Regisseur von „Tubelight Ka Chand“ ein ästhetisch und technisch überzeugender Kurzfilm gelungen, der gleichzeitig auch ein bewegender Appell an die Macht der Träume ist.”
Sudhir Aggarwal
mit ‘It’s Cricket, no?’
Jurybegründung:
“Sudhir Aggarwals „It‘s Cricket, No?“ erzählt die Geschichte, wie sich Indiens blindes Cricket-Nationalteam ohne staatliche oder gesellschaftliche Unterstützung auf den Weg nach Großbritannien macht, um ihre englischen Kollegen im Blind Cricket zu schlagen. Der fast kindliche Enthusiasmus und die positive Einstellung des Spielers versetzen das Publikum in eine Welt, in der Cricket mehr als nur ein Sport ist. Es ist eine Leidenschaft. Es ist Liebe. Aggarwal untergräbt effektiv das Stereotyp von Sehbehinderten als unfähigen Opfern, indem er uns 14 engagierte und autarke Männer vorstellt. Ein Spieler sagt: „Vertraue niemals einem Blinden eine Kamera.“ Aber dieser Film zeigt, dass man ihm einen Kricketschläger durchaus anvertrauen kann. Die gekonnten Darstellungen, wie sich das Spiel vom Mainstream-Cricket unterscheidet, zusammen mit dem schönen Zusammenspiel von Sounddesign und Kinematografie geben einen lustigen und bewegenden Bericht aus erster Hand über diesen Sport aus der Sicht eines Blinden. Aggarwals ästhetisches Gespür für das Geschichtenerzählen, sein fortwährender Respekt vor seinen Charakteren und seine Liebe zum Sport machen diesen Film poetisch. „Sie sind bereit, für das Spiel zu sterben“, sagt ihr Trainer. Es ist genau diese Hingabe, verbunden mit Stolz und augenzwinkerndem Humor, die Hoffnung, Vertrauen und Motivation weckt – niemals Mitleid.”
Daniela Dar-Creutz
mit ‘Arranged Happiness’
Begründung des Programmteams:
“Für die Darstellung einer traditionellen Form der arrangierten Ehe in Indien. Der Film vermenschlicht diese Praxis als kollektive Familienverantwortung, die danach strebt, den besten Bräutigam innerhalb einer eingeschränkten Gesellschaft zu finden. Die Wirkung des Films nimmt zu, wenn der Regisseur sowohl emotional als auch beruflich ein intimer Teilnehmer an der Erzählung ist.”
Kenny Meehan und Bill Bowles
mit ‘Big in Bollywood’
Preisträger*innen 2010
Umesh Vinayak Kulkarni
mit ‘Vihir – The Well’
Nina Sabnani
mit ‘Tanko Bole Chhe – The Stitches Speak’
Jurybegründung:
“Die Kategorie Kurzfilm beschäftigt sich zu einem großen Teil mit der Lebenssituation in Indien und der Kontroverse zwischen traditionellen und modernen Lebensweisen. Der Film „The Stitches Speak“ überzeugt mit einer ganz unprätentiösen Beobachtung von Umbrüchen, politischen Erdrutschen und dramatischen, persönlichen Ereignissen in Form von Miniaturgeschichten. Der lockere Erzählstil in Kombination mit der durch die Animation geschaffenen Distanz entfaltet sich zu einer kraftvollen Geschichte. Gleichzeitig schafft der Film eine inhaltliche und formale Kongruenz. Die Stickerei ist ein Ausdrucksmittel für ihre Erfahrungen sowie ein Weg in die Zukunft der Gesellschaft. Das traditionelle Handwerk wird in die Moderne übertragen. Dabei gibt der Film dem Protagonisten eine Stimme in diesem neuen Medium.”
Lobende Erwähnung: Rahul Gandotra mit „The Road Home“
Jurybegründung:
„Der Film verändert die Perspektive. Die Suche eines Jungen nach seiner Identität verändert die Wahrnehmung ethnischer Zugehörigkeit. Verbunden mit einem ironischen Blick auf die touristische Begeisterung für Indien bietet dieser Film, anstatt das Land zum Objekt westlicher Perspektive zu machen, überraschende Innenansichten. Auf tolle Bilder der beeindruckenden Landschaft müssen wir trotzdem nicht verzichten.“
Anandana Kapur
mit ‘The Great Indian Jugaad’
Jurybegründung:
“Welcher Zusammenhang besteht zwischen einem Fahrzeug, das erst bei näherer Betrachtung als Auto zu erkennen ist, einer Solar-Vespa, einer Pizza, einer europäischen Designercouch und Straßenkindern, die sich mit Plastikflaschen und Zeichnungen beschäftigen, oder korrupten Beamten? Das ist Jugaad – das umfassende und dehnbare Wort für den Erfindungsreichtum, den besonders die Unterprivilegierten, aber auch alle Inder offenbaren, wenn sie sich durch den Alltag helfen. Der Film überzeugt durch seine Originalität von Kinematografie und Montagen und überzeugt das Publikum mit einer Dramaturgie, die den Zuschauer durch eine Sackgasse führt, nur um neue Versionen von Jugaad zu enthüllen. Die gut ausgewählten Protagonisten haben einen guten Sinn für Humor und Selbstironie. Dem Regisseur gelingt es, den abstrakten Begriff von Jugaad darzustellen, indem er Einblicke in konkrete Situationen von Menschen unterschiedlicher sozialer Schichten und regionaler Nachkommen gibt. Der Film zeigt große Aspekte der Menschlichkeit und Lebensfreude. Seine universelle Botschaft ist das Lob der menschlichen Improvisation.”
Lobende Erwähnung: Lutz Konermann mit „Dharavi Slum for Sale“
Jurybegründung:
“Dharavi, ein Slum im Zentrum von Mumbai, soll ein ‚globales Testsubjekt‘ für soziale sanitäre Einrichtungen werden, in dem Investoren aus aller Welt ihre Gewinne erzielen können. Aber ist dies machbar, ohne die Bedürfnisse der Slumbewohner zu vernachlässigen? Der Film beeindruckt mit der Wahl der Protagonisten, die über einen längeren Zeitraum verfolgt werden, sowie der hervorragenden Kameraführung und dem präzisen Einsatz der Montage. Ohne manipulativ zu sein, bezieht sie Stellung. Es ist eine ebenso informative wie mutige Dokumentation.“
Amit Rai
mit ‘Road to Sangam’
Begründung des Programmteams:
“Der im vergangenen Jahr ins Leben gerufene Director’s Vision Award wird an einen Film vergeben, der in Inhalt und Machart eine besondere, humanitäre Wahrnehmung zeigt. In diesem Jahr geht der Preis an einen Film, der die Bindung zwischen verschiedenen Gemeinschaften und Glaubensrichtungen auf eine Weise unterstützt, die Gewalt und persönliche Differenzen überwindet, um Frieden und Wohlwollen zu schaffen.”
David Kaplan
mit ‘Today’s Special’
Preisträger*innen 2009
Santosh Sivan
mit ‘Tahaan’
Jurybegründung:
“Santon Sivan hat es geschafft, auf beeindruckende Weise ein fatales Schicksal aus der Perspektive eines Kindes für die Augen eines Kindes zu zeigen. Diskretion und Liebe zum Detail, verblüffende Bilder ohne Sentimentalität und ein hervorragendes Darstellerensemble sind die Hauptthemen für die Qualität dieses Films. Es ist auch ein begeisterndes filmisches Meisterwerk, das die Vielfalt des indischen Films dokumentiert.”
Lobende Erwähnung: Satish Manwar mit ‘Gabhricha Paus’
Jurybegründung:
„Der junge Regisseur vereint in seinem Debüt einen dokumentarischen Blick mit einer überwältigenden Bildsprache. Für seine vielschichtige Parabel über eine sich ständig verändernde Welt nutzt er die Tragödie von Männern, die sich in Folge wirtschaftlicher Misere das Leben nehmen männliche und weibliche Funktionen, funktioniert nicht mehr.Während sich in Manwars Meisterwerk Frauen offensiv in die Krise stürzen, empfinden Männer Selbstmitleid und Rückzug der Gemeinschaft.„Gabhricha Paus“ beschreibt die männliche Kapitulation mit furiosem Humor, der sich bietet eine weitere Dimension für den Film – neben der indischen Lokalisierung zeugt er von Desinteresse.“
Dipti Gogna
mit ‘Narmeen’
Jurybegründung:
“Dieser umfangreiche Film überzeugt durch seine hervorragende Kameraarbeit, hervorragende Darsteller und eine assoziative Art des Geschichtenerzählens. Die Geschichte konzentriert sich auf die Teilung Indiens und Pakistans im Jahr 1947. Die Geschichte der jungen Frau Noor, die ihre Tochter verlor und traumatisiert ist, erzählt eine universelle Parabel über Annäherung und Versöhnung. Der Film ist mehr als aktuell, weil er den Religionskonflikt zwischen Hindi, Sikhs und Moslems thematisiert, ohne zu effektiv oder pädagogisch zu werden. Dipto Gognas „Narmeen“, der auch das Drehbuch geschrieben hat, ist gleichermaßen politisch, persönlich und poetisch.”
Faiza Ahmad Khan
mit ‘Supermen of Malegaon’
Jurybegründung:
„Der Traum vom großen Kino wurde für den Film-Querdenker Nasir wahr, indem er witzige Blockbuster-Parodien drehte. Sein neues Projekt ist die individuelle Adaption von Superman. Er beherrscht die hohe Kunst der Improvisation perfekt, vor allem mit den Effekten und sogar der kaputten Kamera repariert wird. Probleme wie der örtliche Stromausfall werden gekonnt miteinander verwoben. Faiza Ahmad Khan liefert mit ihrem Dokumentarfilm also nicht nur ein Porträt der Übermenschen, sondern auch des Textilzentrums Malegaon in all seinen Widersprüchen und religiösen Differenzen. Der Film überzeugt mit dem Ironie seines Protagonisten, seinem lebhaften Humor und seiner Leichtigkeit. Er lädt jeden ein, seine eigenen Träume zu erfüllen.”
Anant Mahadevan
mit ‘Red Alert’
Umakanth Thumrugoti
mit ‘Seven Days in Slow Motion’
Preisträger*innen 2008
Richie Mehta
mit ‘Amal’
Vishal Bhardwaj
mit ‘Blood Brothers’
Vani Subramanian
mit ‘It’s a Boy!’
Shyamaprasad
mit ‘Ore Kadal’
Preisträger*innen 2007
Kaushik Roy
mit ‘Apna Asmaan’
Saillesh Dupaare
mit ‘Spandan – The Heart Beat’
Paromita Vahra
mit ‘Q2P’
John Jeffcoat
mit ‘Outsourced’
Preisträger 2006
Rajat Kapoor
mit ‘Mixed Doubles’
Preisträger 2005
Bharat Bala
mit ‘Hari Om’
Preisträgerin 2004
Sabiha Sumar
mit ‘Khamosh Pani – silent water’